Von Michael Mehrtens
mit freundlicher Genehmigung des Jeverschen Wochenblattes
Die Schulden der Stadt steigen immer weiter. Im Interview schildert CDU Fraktionssprecher Axel Homfeldt, was die Stadt dagegen tun kann.
Frage: Vor vier oder fünf Jahren hat die CDU immer wieder vor der Schuldengrenze von 20 Millionen Euro gewarnt. Nun erreicht der städtische Haushalt diese Marke. Was muss ihrer Meinung nach passieren?
Axel Homfeldt: Es sind sogar schon acht Jahre und es sind in Wirklichkeit noch mehr Millionen. Denn in dieser Summe sind die Schulden des Eigenbetriebes Abwasserbeseitigung noch nicht enthalten. Seit dem Bau des Hallenbades warnen wir vor der überbordenden Verschuldung der Stadt und dass uns das Geld für andere Dinge fehlen wird. Das findet sich alles im Archiv des Jeverschen Wochenblattes wieder. Eine Ursache liegt darin, dass mehrheitlich im Stadtrat versucht wurde, es möglichst allen recht zu machen. Das ist auch erstmal ein positives Anliegen - aber in der Realität einfach nicht möglich. Wir müssen uns als Stadt ehrlich machen und klar sagen, dass nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann.
Frage: Was spricht eigentlich gegen das Argument, dass der Staat also ja auch die Stadt Schortens als Kommune in schlechten Zeiten viel investieren sollte, um die Konjunktur anzuschieben?
Homfeldt: Weil es nicht primär unsere Aufgabe als Stadt ist, die Konjunktur anzuschieben. Erste Aufgabe der Stadt ist es, die Pflichtaufgaben wie Kinderbetreuung, Grundschulversorgung oder auch das Feuerschutzwesen und vieles mehr zu organisieren. Wenn dann noch Geld da ist, können wir Dinge tun, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Dazu zählen dann Sportstätten, Kulturbetrieb, Feste, die Bücherei und viele andere liebgewordene Dinge. Auch jedes dieser Angebote ist wichtig. Doch wie im wirklichen Leben kommt erst die Pflicht und dann die Kür.
Frage: Das Geld ist ja in diesen Wochen und Monaten ziemlich günstig zu bekommen. Manchmal gibt es Geld für null Zinsen. Was spricht dagegen, weitere kreditfinanzierte Bauten zu realisieren?
Homfeldt: Weil auch Kredite mit wenig oder gar keinem Zins zurückgezahlt werden müssen. Zudem gibt es keine Garantie, dass das Zinsniveau in den kommenden 20 Jahren so niedrig bleibt. So lange und vermutlich noch länger haben wir aber die Kredite zurückzuzahlen. Denn die Aufgaben der Stadt enden ja nicht irgendwann, sondern Jahr für Jahr kommt etwas Neues hinzu. Außerdem steigt damit jährlich die Summe, die von den Bürgerinnen und Bürgern über den städtischen Haushalt für Zins und Tilgung gezahlt werden müssen. Da sind wir schon jetzt jedes Jahr jenseits der Millionengrenze. Heißt: Mit jedem neuen Kredit schränken wir nicht nur aktuell unsere Handlungsfähigkeit, sondern auch die der kommenden Generationen ein. Und das finden wir als CDU nicht in Ordnung.
Steuererhöhungen schließt die CDU für sich aus
Frage: Als CDU-Fraktion werden sie ja auf keinen Fall eine Steuererhöhung fordern, um das städtische Defizit zu verringern. Also – was sollte ihrer Meinung nach Schortens tun, um die finanzielle Lage zu verändern - einmal kurzfristig und wie lautet ihr Konzept auf längere Sicht?
Homfeldt: Ganz genau! Mit der CDU wird es keine Steuererhöhungen geben. Grundsätzlich müssen wir uns fragen, in welchem Rahmen können wir uns die freiwilligen Dinge noch leisten? Da werden wir Kompromisse eingehen und Prioritäten setzen müssen. Siehe Bürgerhaus. Natürlich wäre die große Lösung toll, aber 10 Millionen Euro gehen nun mal nicht. Deshalb haben wir jetzt vorgeschlagen, nur das technisch und optisch Notwendige zu machen.
Langfristig helfen uns drei Dinge:
1. Die Einwohnerzahl weiter zu steigern, um noch stärker vom Einkommenssteueranteil zu profitieren. Schon jetzt ist das mit rund 8 Millionen Euro die größte Einnahmequelle der Stadt. Dazu brauchen wir Wohnraum. Wie man als Stadt mit der Schaffung von Wohnraum den Haushalt stützen kann, macht uns seit Jahren die Stadt Jever vor. Die machen das selbst und der Haushalt der Marienstadt sieht auch in der Krise vergleichsweise gut aus.
2. Wir müssen zusätzliche Einnahmen schaffen. Etwa im Bereich der Energieerzeugung gibt es da spannende Ansätze.
3. Der Landkreis muss uns bei den Kosten für die Kinderbetreuung entlasten. Allein für diese Kreisaufgabe wendet die Stadt zusätzlich Jahr für Jahr rund 5,6 Millionen Euro Steuergeld auf. Schon jetzt entfallen rund 50 Prozent der städtischen Personalkosten nur auf die Mitarbeitenden in den Krippen und Kitas. Das kann auf Dauer so nicht weitergehen. Zum Glück kommt jetzt Bewegung in die Sache, weil die CDU im Kreistag mit Unterstützung aus den Kommunen entsprechende Anträge formuliert hat.
"Erst die Pflicht dann die Kür."
Frage: Als Teil des Stadtrates lässt sich ja immer schnell reagieren, wenn die andere politische Seite eine Forderung aufgestellt hat, wo setzt die CDU ihren Schwerpunkt beim Investieren?
Homfeldt: Wie schon gesagt: Erst die beschriebenen Pflichtaufgaben. Dann die freiwilligen Leistungen. Dabei ist dann das Bürgerhaus ganz vorne. Aber auch die Sportstätten in den Ortsteilen sind nicht nur aus sportlicher, sondern auch in sozialer Hinsicht sehr wichtig. Ebenso wie das Familienzentrum, das ein wesentlicher Baustein für die Begleitung von Kindern, Jugendlichen, Familien und Senioren geworden ist.
"Der Sanierungsstau ist nicht mehr wegzudiskutieren."
Frage: Also gut, in die Bildung werden Sie weiter investieren. Aber ist nicht die Kinderbetreuung eine Pflichtaufgabe des Landkreises. Allein 5,6 Millionen Euro finanziert die Stadt dieses Jahr für diese Aufgabe. Übernimmt der Landkreis auf lange Sicht diese Kosten, so hat Schortens doch ein gewaltiges Investitionspotenzial. Was kann man damit alles machen?
Homfeldt: Nun ja, erstmal gilt es, den Schuldenstand nicht weiter zu erhöhen. Wir wurden jahrelang gescholten, dass wir vom Sanierungsstau gesprochen haben. Nun sehen alle diesen Stau und keiner will es gewesen sein. Aber konkret: Die Sporthalle Sillenstede kann so nicht bleiben. Nach vielen Jahren der Vertröstungen muss jetzt etwas passieren. Das gilt auch für den HFC mit der völlig maroden Sanitäreinrichtung im Klosterpark. Aber auch das Rathaus müssen wir endlich in den Blick nehmen. Da wird seit 20 Jahren über eine Sanierung gesprochen. Und die muss kommen, denn ohne vernünftige und gute Arbeitsbedingungen wird die Stadt es noch schwerer haben, gute und qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. Zudem muss die Verwaltung endlich digitaler werden. Doch dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Und schließlich müssen zügig das Gewerbegebiet Branterei weiterentwickelt und neue Möglichkeiten zur Schaffung von Wohnraum in Angriff genommen werden. Je mehr Wohnraum vorhanden ist, umso eher sinken auch wieder die Mieten. Das ist dringend.
"Niemand ist im Besitz einer allgemeingültigen Weisheit."
Frage: Träumen wir mal – was würde eine CDU-geführte Mehrheit im Stadtrat alles ändern können und wollen?
Homfeldt: Da würde ich gar nicht einzelne Projekte nennen, sondern vielmehr eine andere Haltung von Politik und Verwaltung. Der Rat wird gewählt, um stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger Verantwortung zu übernehmen. Dazu brauchen wir ein ehrlicheren und wertschätzenderen Umgang miteinander. Gegenseitige Belehrungen helfen da nicht weiter. Keiner von uns ist im Besitz der allgemeingültigen Weisheit. Zum anderen wünsche ich mir, dass wir endlich in allen Bereichen das Wort Nachhaltigkeit mit Leben füllen. Das gilt für die Nutzung unserer Umwelt ebenso wie für die Finanzen. Konkret: Wenn wir jetzt neue Kitas bauen, dann sollten wir gleich mitdenken, wie diese Gebäude in Zeiten mit weniger Kindern anders genutzt werden können. Das wäre dann nachhaltig. Auch die Gestaltung von neuen Baugebieten unter der Beteiligung der Bauherren hin zu einem sich selbst mit Energie und Wasser versorgenden Viertel wäre ein wichtiger Schritt. Und das ist kein Hokuspokus – es gibt Städte, die machen das schon seit Jahren erfolgreich.
Frage: Richten wir zum Schluss noch einmal den Fokus auf die Finanzen der Stadt. Pleite gehen kann Schortens nicht. In einem Haushaltssicherungskonzept könnte eine Streichliste von freiwilligen Aufgaben stehen, die aber andererseits eine Stadt wie Schortens erst liebenswert machen, wie sie ist, gehen Sie an die freiwilligen Leistungen ran?
Homfeldt: Ja, denn alles andere wäre nicht ehrlich. Wir müssen aber auch schauen, ob wir unsere Pflichtaufgaben wirklich effizient bearbeiten. Auch da können wir besser werden. Die Welt um uns herum verändert sich rasend schnell. Wir können in Schortens nicht einfach so weitermachen, wie wir es die letzten 30 Jahre gemacht wurde. Entscheidend ist aber nicht das Ob, sondern das Wie. Und das sehe ich als Gemeinschaftsaufgabe von Verwaltung, Rat und Bürgern an. Es wird zu wenig in unserer Stadt miteinander gesprochen. Aber es gibt auch positive Beispiele, wie die Elternbeteiligung bei der Spielplatzaufwertung. Das klappt meistens gut und ist ein Beispiel, wie es auch bei anderen Themen laufen könnte.
Frage: Also als Finanzpolitiker haben Sie noch einen Wunsch frei, und der lautet?
Homfeldt: Darf ich drei in einem? Ehrlichkeit, mehr miteinander sprechen und gemeinsam den Mut zu Veränderung aufbringen.
Comments